Die FAQ-Seite


Oder: Wie funktioniert das eigentlich alles?

Auf dieser Seiten sollen einige der bei der Astrofotografie benutzten Techniken etwas näher erläutert werden.

Was sind LRGB-Bilder?
Was ist Binning?
Wozu wird ein Leitrohr benötigt?
Was ist Okularprojektion bzw. Fokalfotografie?
Wie funktioniert der Spiegelschliff?


Was sind LRGB-Bilder?

LRGB-Bilder sind kurz gesagt, Farbaufnahmen von Himmelsobjekten. LRGB steht dabei für "Luminanz - Rot - Grün - Blau"

Im Gegensatz zu allgemein bekannten Digitalkameras beeinhalten Astro-CCD-Kameras normalerweise einen bildaufnehmenden Chip, der keinerlei Farbinformationen über das aufgenommene Objekt liefert, er liefert lediglich Schwarz/Weißinformationen. Ausnahmen bilden sog. "One-Shot-Colour"-Kameras wie auch die von mir eine Zeitlang benutzte MX7C der Fa. Starlight Express, UK. In diesen Kameras ist ein spezieller CCD-Chip verbaut, der genau wie bei einer normalen Digitalkamera mit einer einzigen Aufnahme Farbinformationen liefern kann.

Diese Farbinformation kommt dadurch zustande, das vor den lichtempfindlichen Pixeln eine sog. Farbmatrix angebracht ist, im Prinzip hat jedes Pixel seinen eigenen Farbfilter direkt vor sich. Über einige Berechnungen kann dann unter Verwendung der Helligkeitswerte von Nachbarpixeln mit einer anderen Filterfarbe jedem Pixel eine Farbe zugeordnet werden. Leider funktioniert dies nicht 1:1, sodaß man z.B. ein Feld aus 6x6 Pixeln benötigt, um einem Pixel eine Farbe zuweisen zu können.

Der Nachteil bei One-Shot-Colour Kameras ist daher, das die Auflösung der Farbinformation schlechter ist als bei LRGB-Aufnahmen, außerdem wird durch die Farbfilter vor den Pixeln die Empfindlichkeit der Kamera negativ beeinflußt.

Um nun mit normalen Astro-CCD-Kameras ohne eine solche Farbmatrix trotzdem Farbbilder gewinnen zu können, wird dasselbe Objekt durch verschiedene Filter hindurch belichtet und die einzelnen Aufnahmen ("Frames") werden übereinander gelegt. Als Filterfarben verwendet man entweder Rot-Grün-Blau (RGB, Prinzip der additiven Farbmischung.) oder Cyan-Magenta-Gelb (CYM, subtraktive Farbmischung, seltener verwendet). Beide Methoden enthalten dann im Summenbild alle Farbabstufungen.

Das "L" steht dann noch für "Luminanz", dieses Frame ist einfach eine normale S/W-Aufnahme des Objekts, meist völlig ohne Filter aufgenommen.
Durch das Übereinanderlegen aller 4 Frames (L plus RGB) entsteht dann ein Farbbild, das L-Frame bestimmt in diesem Bild jedoch nur noch die Helligkeiten und die Schärfe, die Farbinformationen kommen von den Farbframes. Die Dominanz des L-Frames in Puncto Schärfe ist dabei so hoch, das die Farbframes sogar mit einer viel niedrigeren Auflösung gewonnen werden können als das L-Frame.

Abschließend ein Beispielbild:

LRGB-Einzelframes  

Als LRGB-Bild zusammengesetzt, entsteht dieses Farbbild:

M27 als LRGB-Komposit

Neben den klassischen LRGB-Bildern lassen sich über entsprechende Filter auch andere Kombinationen erstellen, z.B. wird häufiger das Rotframe durch eine Aufnahme durch einen H-Alpha Filter (Licht des einfach ionisierten Wasserstoffs, ein dunkles Rot) ersetzt, manchmal wird auch mit dem L-Frame so verfahren. Diese Komposite sind dann defacto Falschfarbenaufnahmen, da sie nicht mehr die natürlichen Farben (so man diese sehen könnte) zeigen. Dafür kommen aber manche Effekte besser heraus, sodaß diese Bilder ihren ganz eigenen Reiz haben.

Was ist Binning?

Binning bezeichnet den Vorgang, das ein CCD-Chip nicht in seiner vollen Auflösung betrieben wird, sondern es werden mehrere wirkliche Pixel zu einem logischen Pixel zusammengefaßt. Durch diesen Vorgang sinkt die Auflösung, es erhöht sich allerdings die Empfindlichkeit, außerdem werden die Datenmengen geringer. Speziell bei LRGB-Bildern, bei denen die Schärfe und Auflösung aus dem L-Frame herrührt, kann man die Farbframes "binnen" und damit eine erhöhte Empfindlichkeit der Kamera erreichen. Im späteren LRGB-Bild ist zwischen Farbframes mit voller Auflösung und "gebinnt" aufgenommenen RGB-Frames praktisch kein Unterschied zu sehen. (Vergleichsbild hier.)

Je nach Zusamenfassung der Pixel spricht man von "2x2 bin" (immer 4 Pixel werden als eines angesehen, 2 waagerecht, 2 senkrecht) oder auch "3x3 bin" (9 Pixel werden zu einem zusammengefaßt). Seltener werden Binning-Modi wie "2x1 bin" oder andere, unsymetrische Zusammenfassungen verwendet.

Wozu wird ein Leitrohr / Leitteleskop benötigt?

Für astrofotografische Zwecke verwendete Teleskope werden normalerweise auf sog. parallaktischen Montierungen befestigt, diese Montierungen sorgen dafür, das das Teleskop immer exakt der Erddrehung nachgeführt wird und ein eingestelltes Objekt so immer im Bildfeld bzw. auf dem Aufnahmemedium bleibt. Die bekannteste Bauweise einer parallaktischen Montierung ist die sog. Deutsche Montierung, es existieren allerdings auch noch andere Bauweisen wie die Gabelmontierung oder auch die Hufeisenmontierung.

Allen parallaktischen Montierungen ist gemeinsam, das die Bewegung einer Achse genügt, um die Erddrehung für jedes Objekt am Himmel komplett auszugleichen.

Bedingt durch mechanische Ungenauigkeiten geschieht diese sog. Nachführung allerdings nicht 100%-ig genau, das Teleskop scheint um das eingestellte Objekt vor- und zurück zu schwingen, es läuft mal etwas zu schnell und später etwas zu langsam. Diese Schwingungen sind sehr klein, die Größenordnung liegt bei wenigen Bogensekunden (eine Bogensekunde ist der 1,296-millionste Teil eines Vollkreises, der Mond hat z.B. einen scheinbaren Durchmesser von ca. 1800 Bogensekunden), aber sie genügt, um bei höher aufgelösten Astroaufnahmen die Sterne zu Strichen zu verschmieren.

Um diese Schwingungen zu eliminieren, wird z.B. über eine zweite, parallel montierte Optik ein Stern eingestellt und dieser quasi "verfolgt", d.h. eine sog. "Guidekamera" (eine kleine, zweite CCD-Kamera) mißt die Abweichung des Leitsterns von seiner Sollposition und steuert dann die Montierung so, daß die Abweichung dieses Sterns immer minimal ist. Diese Korrekturen werden im Sekundenrhythmus oder noch schneller gemacht, sodaß die eigentliche Aufnahmekamera z.T. bis auf Bruchteile von Bogensekunden immer exakt denselben Bildausschnitt aufnimmt. Nur dann lassen sich die zeitlich nacheinander gemachten Frames nacher problemlos aufeinanderlegen und zu einem LRGB-Komposit zusammenführen.

Was ist Okularprojektion bzw. Fokalfotografie?

Fokalfotografie bedeutet, das das Teleskop als Teleobjektiv verwendet wird, d.h. sein erzeugtes Bild wird direkt vom Aufnahmemedium (CCD-Chip oder auch Film) aufgenommen. Es sind keine weiteren, vergrößernden optischen Elemente im Strahlengang.

Okularprojektion oder auch afokale Fotografie besteht dann, wenn nicht das vom Teleskop direkt erzeugte Bild, sondern ein durch eine weitere Optik, meist ein Okular, zusätzlich vergrößertes Bild aufgenommen wird. Dies geschieht meist dann, wenn entweder sehr hohe Vergrößerungen erzielt werden sollen, oder aber, wenn die aufnehmende Kamera kein abnehmbares Objektiv besitzt. Dann muß ein Okular als sog. "Projektiv", ähnlich einem Diaprojektor, verwendet werden und das resultierende Bild wird dann durch das Festobjektiv der Kamera abfotografiert. Die Kamera fotografiert dann das Bild, das man auch beim Blick durch das Okular sehen würde.

Wie funktioniert der Spiegelschliff?

Über das Spiegelschleifen wurden bereits einige Bücher geschrieben, sodaß ich hier aus Platzgründen nur einen kurzen Abriß geben möchte,  wie es etwa funktioniert. Beim Spiegelschleifen wird nichts anderes gemacht, als das zwei gleichgroße Glasscheiben aufeinander gelegt werden und sich dazwischen etwas Schleifpulver (Carborundum) befindet. Dann werden beide Glasscheiben vor- und zurückbewegt wobei sie gleichzeitig gegeneinander verdreht werden, z.B. die untere nach links, die obere nach rechts. Es werden also drei Bewegungen zugleich ausgeführt: Vor- Zurück und zwei gegeneinander gerichtete Drehbewegungen, letztere dienen dazu, das die an den Scheiben entstehenden Veränderungen rotationssymetrisch werden.

Bei der Bewegung der beiden Gläser übereinander (vor- zurück) rollen die Schleifkörner dazwischen hin und her, und ihre scharfen Kanten brechen dabei kleine Glassplitter heraus. Dabei wird die oben liegende Scheibe mehr in der Mitte, die unten liegende Scheibe mehr am Rand angegriffen. Nach einigen Minuten ist das Carborundum selbst dann zermahlen und muß durch neues ersetzt werden.

Auf lange Sicht und bei immer feiner werdendem Schleifpulver beginnen die beiden Platten dann, sich aneinander immer besser anzupassen, bis sie schließlich so exakt angepaßt sind, das nicht einmal mehr eine Rasierklinge dazwischen paßt.

Von der Mathematik her sieht es aber so aus, das lediglich zwei Ebenen oder zwei Kugeln mit identischem Radius sich beliebig nahe aneinander annähern können. Am Ende entsteht durch die Schleifbewegung daher ein Kugelspiegel, also ein Teil einer Kugeloberfläche.

Durch Änderungen an den Vor- und Zurückbewegungen (den sog. "Strichen") ist der Schleifer in der Lage, bestimmte Bereiche des Spiegels mehr anzugreifen als andere, und kann so die genaue Spiegelform beeinflussen.

Um die gewünschte, sehr glatte Oberfläche zu erreichen, wird der Spiegel nach dem Grob- und Feinschliff auf einer "Pechhaut" poliert, dabei kommt dann kein Carborundum, sondern ein spezielles Poliermittel zum Einsatz. Die Schleifschale ("das Tool") wird dazu mit einer dünne Schicht Pech überzogen, diese "Pechhaut" verankert das Poliermittel, sodaß dieses nicht mehr rollt, sondern der Spiegel auf einer Vielzahl von sehr kleinen, harten und scharfen Kristallen hin- und herbewegt wird. Die Bewegungen auf diesem "Nadelrasen" führen dann dazu, das die Glasoberfläche des Spiegels poliert wird.

Da man für viele Teleskope allerdings keine Kugelspiegel, sondern Parabolspiegel benötigt, wird ganz zum Schluß nach der Politur über die Änderung der Striche der Kugelspiegel in einen Parabolspiegel überführt.

Getestet wird ein Spiegel dann während des Schliffs zunächst noch mit Schieblehre und Lineal, später bei der Politur wird dann auf die "Foucaultsche Messerschneidenprobe" zurückgegriffen. Hierbei wird eine punktförmige Lichtquelle durch den Spiegel abgebildet und dann eine Messerschneide in das vom Spiegel zurückkommende Lichtbündel bewegt. Das direkt dahinter platzierte Auge sieht dann auf dem Spiegel alle Abweichungen von der Idealform als "Landschaftsbild", ähnlich einem Mondkrater bei schräg einfallendem Licht.

Nach der Politur und Parabolisierung wird der Spiegel dann verspiegelt, d.h. mit Aluminium bedampft oder chemisch mit Silber belegt. Eine durchsichtige Schutzschicht aus Quarz schützt die Aluminiumschicht vor Oxidation, Silberschichten werden meist nicht extra geschützt, sondern nach einigen Jahren, wenn sie unbrauchbar geworden sind, einfach neu erstellt.

Die Genauigkeit eines solchen Spiegels ist eines der faszinierenden Details, daher ein abschließendes Beispiel:

Gesetzt den Fall, man würde (m)einen 208mm Spiegel im Faktor 1:1000.000 vergrößern, so hätte er einen Durchmesser von 208km, also etwa die Strecke München - Stuttgart. Das Zentrum (bei Ulm) wäre dann ca. 2600m tiefer gelegen als der Rand, von dort bis zum Zentrum würde eine "Hangneigung" von ca. 1,4° gemessen werden.
Die größte Abweichung von der Idealform wäre dann ca. 15cm hoch, die durchschnittliche Bodenerhebung läge noch darunter.



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Im Frühjahr 2004
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